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Der älteste Gemeindebürger – Anton Kremser – erinnert sich
Aus seinem Erfahrungsschatz: ,,Hände weg von der Neutralität“
Ein Zeitzeuge berichtet / Anton Kremser (102) kommt aus einer Generation, die viel miterlebt hat. Dem Krieg stehen Frieden und Freiheit, Niedergang und Aufschwung gegenüber.
Hineingeboren in die Zeit der Weltwirtschaftskrise, von Not und Elend, dann kamen die Lehrzeit, ehe das Militär rief. Ausbildung in der Heimat und dann ab an die Front nach Russland und später nach Frankreich. Eine turbulente Heimkehr und nach dem Krieg der Wiederaufbau. Ein stetiger Aufschwung, Familiengründung, eine geregelte Arbeitsstelle, Hausbau und im Jahre 1982 der wohlverdiente Ruhestand. Diesen verbringen seine Gattin Friederike und er im schmucken Eigenheim in Weiten.
Viel aus seinem Leben erzählen kann Anton Kremser, der am 25. März 1920 in Friedersdorf (Maria Laach) das Licht der Welt überblickte. Seine Familie übersiedelte dann nach Weiten, das zu seiner Heimat werden sollte. Nach dem Schulbesuch startete Kremser ins Berufsleben, er erlernte den Beruf eines Fassbinders in Weiten. Kein Lohn, einmal in dreieinhalb Jahren gab es vom Meister 50 Groschen. Nur Kost und Quartier wurden geboten, dazu eine Sechs-Tage-Woche, Arbeitszeit täglich von 6 bis ca. 20 Uhr. Als Wahlspruch galt damals: ,,A Lehrbub und a Besen, sind auch a Wesen“.
Dann kam die dunkelste Zeit in seinem Leben: Dienst bei der Deutschen Wehrmacht und im Juni 1941 ging es an die Front. Er und seine Kameraden lernten hier die hässliche Fratze des Krieges kennen. Und jetzt: ,,Wieder Krieg. Ich habe genug gesehen, hautnah miterlebt und bringe absolut kein Verständnis dafür auf. Hände weg“, meint er energisch.
Dreimal erlebte er Weihnachten an der Front. Kein Christbaum, keine Geschenke, nur der Waffenlärm. Für fünf Männer gab es einen Wecken Brot. Ein Lob zollt Kremser der russischen Bevölkerung: ,,Diese war teilweise sehr nett und mitten im fremden Land wurden wir sogar in ihre Häuser eingeladen, erhielten eine warme Suppe und konnten uns dort erwärmen.“
Seine Heimkehr gestaltete sich sehr schwierig. Von den Offizieren verlassen, mussten die Soldaten zusehen, wie sie die Heimat erreichen. ,,Und dabei die Angst vor einer etwaigen Gefangennahme.“ Mit letzter Kraft kamen er und seine Kameraden bis nach Oberösterreich, wo seine beherzte Gattin ihn in einer Nacht- und Nebel-Aktion nach Hause brachte.
Hier folgte dann langsam die Normalisierung. Berufswechsel, Hausbau, Chorsänger beim Kirchenchor (mehr als 50 Jahre), einige Jahre im Gemeinderat, Mitgliedschaft beim ÖKB (66 Jahre). Die größte Freude für ihn und die Bevölkerung war dann im Jahre 1955, als der Staatsvertrag mit der immerwährenden Neutralität unterzeichnet wurde. Aufatmen bei den Österreichern: Wir sind frei. ,,Wir haben diese Neutralität selbst gewollt und sie wurde uns nicht aufgezwungen“, stellt er selbstsicher fest. Und weiter: ,,Ich erinnere mich noch gerne an die Politiker, die dieses Husarenstück zusammenbrachten. Darum: Hände weg.“ Kein Verständnis bringt er für so manche politischen Entscheidungen auf, die jetzt gefällt werden.
Unverkennbar war Anton Kremser in seiner aktiven Zeit bei der Straßenmeisterei als Baustellenaufsicht, wenn er mit seiner KTM und später mit seiner Puch durch die Lande fuhr. Aber auch ein anderes Merkmal zeichneten ihn und seine Gattin aus: sie halfen bei Verwandten in ihren Gasthäusern bei Veranstaltungen aus: der ,,Onkel Toni“ war für den Durst zuständig, und die ,,Tante Frieda“ für die kulinarische Seite.
Sein Resümee: ,,Wie gut geht es uns heute – und das soll auch so bleiben. Erhalten wir den Frieden und unsere Freiheit.“
Bericht: Friedrich Reiner - Abgedruckt in der ,,Melker Zeitung“
Bilder: Privat und Friedrich Reiner